Da die Zielsetzungen des Lehrplans unmittelbar in die Lehrmittelproduktion einfliessen, hätte diese Fülle an verbindlichen Zielsetzungen völlig überladene Lehrmittel zur Folge. Die neuen Lehrmittel sind in enger Zusammenarbeit mit Schulpraktikern bis zum Zeitpunkt der Einführung des neuen Lehrplans fertigzustellen. Allenfalls ist eine gestaffelte Einführung der einzelnen Bereiche des Lehrplans vorzunehmen.
Viele Lehrmittel sind heute schon unübersichtlich. Was müssen die Kinder nicht alles an Matheunterlagen oder Franzlehrmitteln mitschleppen, um für den Unterricht gerüstet zu sein! Früher gab es in jedem Fach ein einziges Buch, heute sind es ganze Pakete mit Büchern und Arbeitsheften.
Falls dieser Trend mit einem überladenen Lehrplan noch gesteigert wird, dürfte die Übersicht noch schwieriger werden. Es ist höchste Zeit, diesen Unsinn zu stoppen und sich auf das Wesentliche zu besinnen. Die allermeisten Schüler wären sicher froh darüber. Aber die Schülerinnen und Schüler werden offenbar nicht gefragt.
Der Lehrplan 21 reguliert auch nicht einfach die Rahmenbedingungen der Volksschule, wie es sein Verfassungsauftrag wäre, sondern will durch methodisch-didaktische Vorgaben die professionelle Arbeit der Lehrer auf dem Hintergrund einer "konstruktivistischen Bildungsideologie" steuern.
Die als "lehrplan-21-kompatibel" begutachteten neuen Lehrmittel sind auf diesem umstrittenen Bildungsbegriff aufgebaut und werden einen sorgfältigen, in sich logischen Stoffaufbau sehr schwer möglich machen.
Gleichzeitig reduziert der Lehrplan 21 die Aufgabe des Lehrers darauf, den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen durch "geeignete" Lehrmittel und Materialien und Lernumgebungen zuzudienen, damit diese sich ihre eigene „Bildung“ zusammenschustern können ("selbstgesteuertes und individualisiertes Lernen").
Der grösste Teil der Kinder wird die Schule deshalb kaum als „kompetente“ Lerner verlassen, sondern im besten Fall einige nützliche oder erforderliche Fertigkeiten zur Verfügung haben. Damit wird die Schere zwischen guten und schwächeren Schülern noch weiter auseinander gehen
Im heutigen Tagi stand, dass die Sekundarschüler oft mehr als 8 Kilogramm Schulbücher nach Hause schleppen müssen. Die Forderung einiger Eltern lautet, man müsse Ablagefächer in den Schuhäusern schaffen, damit ein Teil der Bücher dort deponiert werden kann. Offenbar fragt sich niemand, warum denn heute dermassen viele Lehrmittel eingesetzt werden müssen. Wir hatten früher ein Mathebuch und nicht ein ganzes Arsenal von Lehrmitteln.
Wenn ich lese, dass der neue Lehrplan noch mehr Erwartungen an unsere Jugend hat, ahne ich nichts Gutes. Werden nun noch mehr und noch umfangreichere Lehrmittel produziert oder wird ein Teil der Unterlagen digital den Schülern zur Verfügung gestellt?
Wer sich beim Lehrplan im Teilbereich Geschichte unter Natur, Mensch, Gesellschaft genauer umsieht, wird sich wundern über die vielen akademischen Zielsetzungen. Da geht es überhaupt nicht um verbindliche Inhalte zur Schweizergeschichte oder zu den dramatischen Ereignissen des 19. und 20. Jahrhunderts, sondern um tiefschürfende Überlegungen über die Geschichte. Das wird nur ganz wenige Schüler interessieren, denn sie möchten lieber hören, was denn wirklich passiert ist.
Wie aber werden koordinierte Geschichtslehrmittel aussehen, wenn der geschichtliche Stoff kaum verbindlich ist? Die Bücher werden randvoll sein müssen mit intellektuellen Turnübungen, damit die erhofften Kompetenzen angetippt werden können. Einen zusammenhängenden stofflichen Aufbau wird man dann wohl vergeblich suchen. Bedauernswerte Schulkinder!