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Integrative Schulform - Stärken entdecken und entwickeln
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Vor ungefähr zwei Jahren begegneten mir bei Beratungen von Eltern plötzlich gehäuft schwierige Schulsituationen von Kindern mit einem AD(H)S. In einem Fall stellvertretend für andere Kinder zeigte ein achtjähriger Junge zunehmend massiv aggressives Verhalten auf dem Schulweg, war auch in der Klasse nur mehr schwer führbar. Es wurde eine Mediation anberaumt zwischen Eltern, Lehrperson und Schulischer Heilpädagogin, die ich als schulexterne Person führte. Da stellte sich heraus, dass die "Förderpakete" für diesen Jungen ausgeschöpft waren und um den Jungen nicht zu überfordern, war den Eltern von Lehrperson und SHP eine Klassenwiederholung als Massnahme angekündet worden. Es stellte sich auch heraus, dass die Integrative Schulform gerade eingeführt wurde.
Mich beschäftigten damals die Fragen: wie das sein kann, dass ein Kind, das Förderung braucht, keine angemessene erhält und ihm gar falsche Massnahmen zugemutet werden, weil das (vorhandene oder fehlende) Förderangebot und nicht sein tatsächlicher Förderbedarf Mass geben. - Nach einer gewissen Zeit der Umstellungsphase zur Integrativen Schulform begegneten mir keine solchen Konstellationen mehr.
Schulsozialarbeit führte mich später in Klassenzimmer, wo lernzielbefreite SchülerInnen neben normal oder hoch begabten gefördet wurden. Es kam manchmal vor, dass sich gleichzeitig drei Fachpersonen im Klassenzimmer aufgehalten haben: die Lehrperson vermittelte den Lehrstoff, spezielle Förderung wurde durch SHP erbracht während SSA wegen sozial störendem Verhalten eines oder mehrerer SchülerInnen intervenierte. Ich ertappte mich ab und zu beim Gedanken, dass es mir als Kind in so einem emsigen Klassenraum nicht wohl gewesen wäre. In manchen Klassenräumen gibt es zwar "Rückzugshöhlen", "Kuschel"- oder Leseecken - aber der Unterricht ist in der Regel so straff organisiert, dass diese von SchülerInnen seltenst genützt werden können.
In Vorträgen führe ich Erwachsenen gerne vor Augen, was "Förderung" für Kinder auch bedeuten kann wie bei obgenanntem achtjährigen Jungen beispielsweise: bereits in der Spielgruppe aufgefallen wurde er einer Psychomotoriktherapie zugeführt; im Kindergarten erhielt er heilpädagogische und logopädische Unterstützung; kurz nach Schuleintritt wurde er dem Schulpsychologischen Dienst und dem Kinderarzt zugewiesen und erhielt danach Ergotherapie; die heilpädagogische und logopädische Unterstützung wurde daneben weitergeführt. Was löst das in einem Kind aus, das so früh vermittelt bekommt, was mit ihm nicht in Ordnung ist? Der Vater dieses Jungen erzählte, dass er als Kind mehr Glück gehabt habe, weil er ein Träumer habe sein dürfen und sein Lehrer seinen verhaltenen Schulstart so hingenommen habe. Dafür habe er die Sekundarschule mit Bestnoten abgeschlossen.
• Werden wir der Individualität unserer Kinder und ihrer wirklichen Probleme gerecht? • Lasten wir ihnen durch die frühe Selektion in unserem Schulsystem vielleicht noch eine Menge Probleme auf? • Müsste Schule ihre drei Funktionen nicht offener legen und Wissensvermittlung gekoppelt mit Selektion nicht deutlicher von der Funktion der Integration trennen? • Müsste Schule zur Lebenswelt erweitert und durch sozialpädagogische Angebote bereichert werden, wo auch schwache SchülerInnen Gelegenheit fänden, sich in Verbänden als starke Kinder/Jugendliche hervorzutun - beispielsweise in Peer Projekten? • Warum schenken wir jungen Menschen nicht mehr Gestaltungsraum, Raum zum Experimentieren und Möglichkeiten, wo sie ihre Stärken entdecken und entwickeln können?