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Im Archiv: Sind standardisierte Leistungstests im Sinne des Kindes?
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Bildungsstandards: Ein paar Bemerkungen und Fragen dazu
In diesen Monaten läuft die erste Vernehmlassungsrunde zu den kommenden Bildungsstandards, konkret zu den sogenannten Basisstandards. Sie umschreiben für die Bereiche Schulsprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften die grundlegenden Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler. Dazu ein paar Zitate aus der Broschüre „Das kann ich“ der EDK (Erziehungsdirektorenkonferenz).
Warum Bildungsstandards? Sie haben drei Funktionen: 1. Bildungsziele harmonisieren 2. Transparenz erhöhen 3. Zielerreichung überprüfen
Basistandards werden dann gesetzt, „wenn der Grossteil der getesteten Schülerinnen und Schüler (mehrheitlich zwischen 80-90%, aber nie weniger als zwei Drittel) die entsprechenden Testaufgaben lösen konnten.“ Ein paar Beispiele dazu:
Für die Mathematik werden 24 Basistandards vorgeschlagen. Ihre Beschreibung gliedert sich zum Beispiel für die heutige 6. Klasse (neue Zählung 8. Kl.) in 8 Hauptbereiche mit total 60 Unterbereichen.
Dies hört sich konkret so an: 1. Wissen, erkennen und beschreiben Funktionale Zusammenhänge Die Schülerinnen und Schüler • können Eigenschaften von linearen und proportionalen Verhältnissen in nummerischen und graphischen Kontexten erkennen.
Ein Beispiel aus dem Themenbereich Naturwissenschaften für die 1.-4. Klasse (entspricht Vorschule bis heutige 2. Klasse!):
Wahrnehmung und Steuerung • Aufgaben unserer Sinne • Einfacher Stromkreis; Leiter und Nichtleiter • Steuerung als Phänomen: individuelle Regulierung (z.B. eigene Körpertemperatur, ....)
Liebe Forumsleserinnen und Leser
Die erwähnten Materialien und Texte sind im Netz verfügbar unter http://www.edk.ch/dyn/20692.php Ein Blick darauf lohnt sich!
Und viele Fragen stellen sich:
• Wie könnten Standards aussehen für eine kindgerechte Schule? • Wann wären sie für die Kinder fördernd, hilfreich? • Vertragen sich Standards mit persönlichem Lernen und Entwicklung?
Wenn überhaupt Standards: • Wann machen sie Sinn? Wann unsinnig? Wozu? Eher für die Lehrerinnen und Lehrer? Oder für die Autoren von Lehrmitteln? • Wie sollten sie formuliert sein? In welcher Menge? • Welche könnten die Ziele der EDK stützen?
Wir freuen uns über angeregte Diskussionen! Das Moderatorenteam
Wie so oft bei den neusten Würfen der Bildungsbürokratie habe ich auch bei diesen Standards ein zwiespältiges Gefühl: zunächst leuchtet es mir ein, dass es eine Art Lehrplan 2.0 braucht; klarer fassbaren Ziele, einfacher messbare Indikatoren und das Vergleichen der erzielten Fortschritte können tatsächlich hilfreich sein und das Unterrichten erleichtern.
Allerdings traut man der Sache ja nun nicht mehr so recht, kommt dieses neue Gebräu doch aus der gleichen Küche, die uns schon das aktuell herrschende Chaos beschert hat. Und unter diesem Blickwinkel tun sich Abgründe auf: es offenbart sich ein erschreckend weit fortgeschrittenes, technokratisches Verständnis von Bildung. Kompetenzraster müssen jetzt gefüllt, Indikatoren abgehakt werden - Bildung ist offenbar nur noch eine Frage des richtigen Zusammenspiels von Vorgaben und Messinstrumenten. Denkt man dann noch an all die Daten, die jetzt endlich richtig erhoben und verglichen werden können, wird einem wind und weh.
Gleichzeitig weisen uns Neuropsychologen mit immer mehr Evidenz darauf hin, dass kindliche Gehirne völlig anders lernen, als erwachsene. Sie lernen primär über Repetition, Nachahmung und beharrliches Üben. Neuronale Verknüpfungen müssen zuerst geschaffen werden - Lutz Jäncke verwendet das Bild der Wegfurche, die sich durch das stete Befahren (und zwar nicht kreuz und quer!) erst bildet. Während unsere Bildungsbürokratie ein Bildungsmanagement-Feuerwerk nach dem anderen zündet, zeichnet die richtige Forschung das Bild einer ruhigen, von menschlicher Zuwendung geprägten, schlichten, die Sinne ansprechenden Schule.
Es fällt mir ungeheuer schwer, dieses Bild mit der ausser Rand und Band geratenen Bildungsverwaltung in Einklang zu bringen...